Johann Wolfgang von Goethe forschte selbständig auf nahezu sämtlichen Gebieten der damals bekannten naturwissenschaftlichen Fächer. Eine kleine Auswahl seiner Disziplinen waren: Anatomie, Pflanzenkunde, Geognosie und Farbenlehre.

Wie seine Dramenfigur Faust wollte auch Goethe wissen, was „die Welt im Innersten zusammenhält“. Nennen wir es den Versuch, in der Idee die Gestaltgesetze eines Organismus zu erkennen.

In Goethes Einleitung zu den Schriften „Zur Morphologie“ (1817 bis 1824) betonte Goethe den Unterschied seiner Erkenntnismethode zu den übrigen Wissenschaften. Deren Vorgehen bestehe darin, nur durch „Trennung der Teile“ zu Einsichten zu gelangen. Goethe hingegen sah überall in der Natur stets sich wandelnde Organismen, die angemessen nur in ihrem lebendigen Zusammenhang zu untersuchen seien. Er wollte Pflanzen und Tiere nicht nur im Labor anatomieren.

In diesem Sinne schreibt der 21-jährige Goethe in einem Brief aus der Straßburger Zeit über einen gefangenen Schmetterling:

„Das arme Thier zittert im Netze, streifft sich die schönsten Farben ab; und wenn man es ia unversehrt erwischt, so steckt es doch endlich steif und leblos da; der Leichnam ist nicht das ganze Thier, es gehört noch etwas dazu,  […] ein sehr hauptsächliches Hauptstück: Das Leben“ (14. Juli 1770).

Diese Anschauung findet ihre Entsprechung in der „Studierzimmer“-Szene des "Faust I":

„Wer will was Lebendiges erkennen und beschreiben,/ Sucht erst den Geist herauszutreiben;/ Dann hat er die Teile in der Hand,/ Fehlt, leider! nur das geistige Band.“ (V. 1936ff.)


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