15.03.2023, Mittwoch, 19:00 Uhr
Vortrag von Prof. Dr. Olaf L. Müller (Humboldt-Universität zu Berlin)

Eintritt frei

Johann Ritter war geradezu der Physiker der Frühromantik. Als Entdecker der ultravioletten Strahlung und als Erfinder des Akkus wird er zwar neuerdings gefeiert; doch weniger bekannt ist, wie stark er den Leitideen der Romantiker und der Naturphilosophen folgte, die ihrerseits von Goethe beeinflusst worden waren. Ritters Erforschung des Sonnenlichts wurde wesentlich von Goethes Forschungsmethode und Forschungszielen geprägt. Unmittelbar nach dem ersten belegten Treffen orientierte sich Ritter in seinen galvanischen Forschungen zur visuellen Wahrnehmung an der Polaritätsidee Goethes. Bevor der junge Physiker im Februar 1801 die chemischen Effekte des Ultravioletten entdeckte, hatte er sich auch bei den Spektren auf Goethes Polaritätsidee eingelassen, wonach sich an den Enden der Lichtspektren zwei farblich entgegengesetzte Enden oder Pole gegenüberstehen, die entgegengesetzt wirken. Diese Symmetriesierung im sichtbaren Bereich der Spektren dehnte Ritter auf deren unsichtbare Fortsetzung aus. Goethes Anteil an Ritters Entdeckung ist größer, als man gemeinhin denkt; insbesondere hätte Goethe schon zehn Jahre früher als Ritter die Wirkungen des Ultravioletten entdecken können; ihm standen dieselben symmetrischen Forschungsziele zu Gebote wie Ritter, und er kannte (mit den Bologneser Leuchtsteinen alias Bariumsulfid) eine ebensogut geeignete Nachweismethode wie diejenige Ritters mit Hornsilber (alias Silberchlorid).


Teilen auf: